Gedankenflieger, Gewohnheitstier oder Kaffeehausliteratin: Welcher Schreibtyp bist du?

You are currently viewing Gedankenflieger, Gewohnheitstier oder Kaffeehausliteratin:  Welcher Schreibtyp bist du?
  • Lesedauer:11 min Lesezeit

Auf der Suche nach Schreibatmosphäre und Inspiration

Schreiben kann man überall, man braucht nur Stift und Papier oder einen Laptop – und los geht der wilde Ritt auf dem Rücken der Wörter. Dennoch wird über den passenden Schreibort oft diskutiert. In den Köpfen von uns Schreiberinnen spukt eine Fantasie, in der man an einem besonderen Platz besondere Geschichten hervorbringt. Es geht um Atmosphäre und Inspiration, um die perfekte Balance zwischen Ruhe und Anregung.

J.K. Rowling soll beispielsweise den Großteil der „Harry Potter“-Bücher in Cafés, insbesondere im Elephant House in Edinburgh, Schottland, geschrieben haben.

Stephen King hat in seinem Buch „Das Leben und das Schreiben“ (Originaltitel: „On Writing: A Memoir of the Craft“) auch einen Tipp zum Schreibort. Er empfiehlt, einen festen Schreibplatz einzurichten, an dem man sich wohl und ungestört fühlt. Es sollte ein Ort sein, an dem man sich auf das Schreiben konzentrieren kann und an dem man regelmäßig Zeit zum Schreiben findet.

Was am besten funktioniert ist eine Frage des Typs. Bei mir hängt es außerdem davon ab, was ich schreibe. Für Business-Texte eignet sich der Schreibtisch gut. Für Gedichte der Garten. Für neue Ideen und Wortspielereien setze ich mich gern ins Kaffeehaus. Auch im Zug schreibt es sich vorzüglich, wenn man eine Reservierung und damit einen fixen Platz hat.

Wo schreibst du am liebsten?

Schreibtischtäter:innen schreiben am liebsten an ihrem Schreibtisch im Büro oder auch im Arbeitszimmer. Der Vorteil ist meist eine rückenfreundliche Sitzgelegenheit, alle Utensilien sind griffbereit, der Raum hat eine Tür, die man schließen kann, es ist ruhige. Arbeitsatmosphäre liegt in der Luft, dafür vielleicht etwas weniger Schreiblust.

Kaffeehaus-Literat:innen mögen die Vorstellung, große Schriftsteller:innen zu sein. Das kann sehr inspirierend sein. Ständige Gemurmel im Hintergrund und Koffein regen den Schreibfluss an. Oft wird man auch Zeugin interessanter Gespräche, die sich gleich verarbeiten lassen. Oder sie stören. Meine empirischen Studien haben ergeben, dass die Vorstellung besser ist als die Realität.

Gewohnheitstierchen schreiben egal wo – aber immer am selben Ort. Nur hier passen die Umgebung, der Untergrund und die Stimmung. Nur hier sind schriftstellerische Höchstleistungen möglich. Der gewohnte Platz hat viele Vorteile, aber einen Nachteil: Was tun, wenn er nicht mehr ist?

Bücherwürmer sitzen auch beim Schreiben am liebsten in einer Buchhandlung oder Bibliothek – also inmitten der Aura großer Vorbilder und Idole. Meist herrscht hier auch eine konzentrierte Atmosphäre. Der Zugang zu Büchern und Ressourcen kann zudem bei der Recherche und dem Verfassen von Texten hilfreich sein.

Drinnen oder draußen

Naturliebhaber:innen schreiben am liebsten draußen im Freien. Die Ruhe und Schönheit der Natur gelten als Inbegriff für Inspiration. Plötzlich werden die Texte quicklebendig. Achtung nur vor Wind, Regen oder Insekten, die einem das Naturerlebnis und damit auch die Geschichten verleiden können. Und dass an einem Fluss auch der Schreibfluss angeregt wird, muss noch bewiesen werden.

Schreibidee süß-sauer: Mit dem Baum im Rücken

Dazu fällt mir eine Übung ein, aus dem Buch von Julia Cameron: Von der Kunst des kreativen Schreibens. Sie soll helfen, sich selbst und das Schreiben leichter zu nehmen – und man braucht dazu die Natur.

Setz dich unter einen großen Baum mit dem Rücken an den Stamm gelehnt. Auf der anderen Seite des Baumes sitzt ein Geschichtenerzähler genauso da wie du. Nimm jetzt Papier und Bleistift in die Hand und bitte den Geschichtenerzähler,
dir Geschichten zu fünf Themen zu erzählen, die dich interessieren.

„Lassen wir uns selbst außen vor und hören wir auf, gut sein zu wollen, dann erfahren wir, wie es ist, wenn das Schreiben fließt … Oft schreiben wir sehr gut, wenn wir zum Vehikel, zum Geschichtenerzähler,
geworden sind.“

 (Julia Cameron)

Allein oder lieber doch gemeinsam

Teamschreiber:innen schwören auf die Magie der Gruppe. Wenn alle anderen im Raum den Stift in der Hand oder die Hand auf der Tastatur haben, sind auch sie maximal inspiriert. Das liegt einerseits an der konzentrierten Atmosphäre, andererseits auch an der Gruppendynamik. Wenn alle das können, kann ich es auch. Austausch und wertschätzendes Feedback sind der Preis für die Mühen.

Genau das schätzen auch die Teilnehmer:innen der beiden Clubs: Im Club der freudigen Biograf:innen schreiben wir Geschichten aus dem Leben, biografische Texte. Im Schreibclub23 dagegen wird fürs Business geschrieben – die Freude kommt aber auch hier nicht zu kurz 🙂 

Unterwegs oder daheim

Küchen-Schriftsteller:innen sind in jeder Hinsicht allzeit bereit. Block und Stift liegen griffbereit auf dem Küchentisch, um jede Eingebung und jede Anekdote sofort notieren zu können. Dazwischen wird gekocht, gegessen und abgewaschen. Nachteil oder Vorteil: Die Texte werden oft unabsichtlich illustriert – mit roter Tomatensauce, grünem Pesto, klebrigen Teigpatzerl oder öligen Fingerabdrücken.

Gedankenflieger:innen brauchen zum Schreiben das gewisse Urlaubs-Etwas. Ob am Strand, mit Blick aufs Meer oder auf einer Berghütte mit dem Wind um die Nase – im Urlaub schreiben sie am liebsten. Da fliegen die Gedanken und die Wörter fliegen ihnen zu. Wie von selbst. Besonders kreative Gedankenflieger:innen schaffen sich diese Atmosphäre auch zu Hause: mit einer Palme, einem Cocktail, einem Sonnenbad oder in der Hängematte.

Schreiben und Reisen gehören sowieso zusammen, wie ein altes Ehepaar.

happy african american woman in pajamas lying on bed and writing on notebook

Traumfänger:innen bleiben gern ein bisschen länger im Bett. Oft schreiben sie in Notizhefte oder Tagebücher, die äußere Form der Arbeiten wird hier nicht benotet. Für Außenstehende könnte es nach Kritzelei aussehen. Für die Traumfänger:innen selbst ist es aber eine schöne Möglichkeit, Gedanken aufzuschreiben, die nach dem Aufstehen wieder verflogen wären.

Schreibidee süß-sauer: Morgenseiten

Auch diese Übung stammt von Julia Cameron. Gleich nach dem Aufwachen schreibt ihr drauflos. Ohne Pause und Absetzen wie beim Automatischen Schreiben. Die Methode der Morning Pages hat Julia Cameron in ihrem Buch „Der Weg des Künstlers“ bekannt gemacht. Sie empfiehlt drei A4-Seiten vollzuschreiben. Ich nehme mir meistens zehn bis 15 Minuten Zeit – stelle dafür den Wecker einfach ein bisschen früher – und bleibe zum Schreiben im Bett. Deshalb auch mein Tipp: Schreibzeug auf dem Nachtkastl bereitlegen.

Mehr über mich, meine Leben und meinen Werdegang findet ihr hier!

Ich bin aber auch sehr neugierig. Was fasziniert euch am Schreiben? Habt ihr das biografische Schreiben schon ausprobiert? Was sind die süß-sauren Momente in eurem Leben? Und wer weiß ein gutes Rezept für Ribiselkuchen? 😉

Schreibe einen Kommentar